Die Wirkung verschiedener Dehnmethoden auf ausgewählte Leistungsparameter im Kampfsport.

Teil 2: Die Langzeitwirkung statischer, dynamischer und kombinierter PNF-Methoden auf die passive und aktiv-dynamische Beweglichkeit.

In: WOK World of Kickboxing, Ausg. 61, 4/2012, S. 21-24.

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Einleitung:

In der vergangenen WOK-Ausgabe (3/2012) gab Daniel Gärtner (Technische Universität München) erste Einblicke in die Inhalte seiner Doktorarbeit zum Thema „Einfluss verschiedener Dehnmethoden auf ausgewählte Leistungsparameter im Kampfsport“. Mittels umfangreicher Recherchen wurde die Relevanz dieses Forschungsansatzes untermauert und darüber hinaus aufgezeigt, dass sowohl in Kampfsportkreisen als auch im allgemeinen Breiten- und Leistungssport große Unsicherheit bezüglich der Anwendung und Wirkung verschiedener Dehnmethoden herrscht. Auf der einen Seite existiert eine Vielzahl von Sportlern, die immer noch nach der Stretchinglehre von Anderson (1980)[i] dehnt und dynamische Dehnmethoden aufgrund der nie eindeutig bewiesenen negativen Wirkungen per se ablehnt. Auf der anderen Seite jedoch gibt es gerade im Leistungssport viele Athleten und Trainer, die von den vermeintlich leistungsmindernden Wirkungen des statischen Dehnens Kenntnis haben und deshalb den dynamischen Methoden den Vorzug geben.

In den letzten Jahren aber erfolgte in der Sportpraxis bezüglich des Dehnens ein Umbruch: Neuere Forschungsergebnisse führten zum Überdenken althergebrachter Positionen – praktizierte Meisterlehren wurden entweder durch wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt oder gar verworfen. Aus der heutigen Perspektive betrachtet kann festgestellt werden, dass das Dehntraining aufgrund zahlreicher Forschungen und den daraus resultierenden, immer neuen wissenschaftlichen Ergebnissen einem stetigen Wandel unterliegt. Untersuchungen von Gärtner (2011)[ii] und Schneider, et.al. (2011)[iii] zeigen zudem auf, dass Theorie und Praxis oft weit auseinander driften: Aktuelle Thesen zum Thema Dehnen kommen bei den Sportlern daher oft unvollständig oder gar falsch zur Anwendung. Gründe hierfür mögen u.A. in der Pauschalisierung verschiedener Forschungsergebnisse oder der vermeintlichen Verallgemeinerung wichtiger Details liegen. Meistens jedoch fehlt es an anschaulichen und anwendungsbezogenen Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Forschungstexten, die eine konkrete Anwendung in der Sportpraxis ermöglichen würden.

Übersicht:

Im Fachgebiet Biomechanik im Sport an der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaft der Technischen Universität München werden derzeit die Auswirkungen verschiedener Dehnmethoden auf Leistungsparameter im Kampfsport untersucht. Unter der Betreuung von Prof. Dr. Ansgar Schwirtz beabsichtigt Daniel Gärtner mit seinem studentischen Forschungsteam einen Beitrag zur Aufdeckung und Beseitigung von Wissenslücken in der Fachliteratur zu diesem Themenbereich zu leisten.

Die aktuelle Untersuchung befasst sich mit der Langzeitwirkung[1] verschiedener Dehnmethoden auf die aktive und passive Beweglichkeit der ischiokruralen Muskulatur (Beinbeuger), sowie deren Auswirkungen auf die Maximalkraft, Trittenergie, Schnelligkeit, und Schnelligkeitsausdauer. Als Untersuchungsgegenstand dient dabei der frontale Highkick.

Von April bis August 2012 wurden 98 Probanden getestet, deren Aufgabe es war über einen Zeitraum von 8 Wochen nach einer per Los zugewiesene Dehnmethode regelmäßig (3-5x pro Woche) zu dehnen. Durch biomechanische Untersuchungen sollte festgestellt werden, welche dieser Dehnmethoden für Kampfsportler auf lange Sicht die effektivste ist.

Erste Ergebnisse bezüglich der Veränderung der statisch-passiven und dynamisch-aktiven Dehnfähigkeit liegen nun vor und werden in diesem Artikel zum ersten Mal veröffentlicht. Im Vorfeld jedoch soll die Erläuterung einiger theoretischer Grundlagen zu einem besseren Verständnis beitragen.

Theoretische Grundlagen:

Um den Untersuchungsansatz dieser Arbeit zu verstehen, werden zunächst diverse fachspezifische Begrifflichkeiten voneinander abgegrenzt.

Nach Hoster (1987) gibt es grundsätzlich zwei Arten der Beweglichkeit: die aktive und die passive Beweglichkeit. Hinzu kommen die Erscheinungsformen der Beweglichkeit, die mit den Begriffen „statisch“ und „dynamisch“ differenzierte Dehnmethoden ergeben. Die Übersicht von Hoster stellt eine überschaubare Zusammenfassung dar, liefert dabei aber keine Information zu verschiedenen Dehngeschwindigkeiten beim dynamischen Dehnen, auf welche jedoch mit der Wiedergeburt des dynamischen Dehnens unbedingt geachtet werden sollte. In manchen Werken wird eine Einteilung bezüglich der Dehnintensitäten vorgenommen (Vgl. Weineck, 1994). Den aktiven und passiven Methoden werden hierbei maximale Reizintensitäten zugeordnet, während dem Stretching submaximale und weiche Dehnung zugeschrieben wird. Da jedoch mit einigen aktiven Methoden keine maximalen Spannungen erreicht werden können, scheint dieses Schema nicht geeignet zu sein. Zudem ordnet Weineck die PNF-Methoden „CR“, „CHRS“, „AC“ ebenfalls in das submaximale Dehnen ein. Da es vor allem beim CR-Dehnen zu einer extremen Muskelspannung kommt, sollten diese Methoden eher der maximalen Reizintensität zugeordnet werden.

Abgrenzung:

Um die bei einer Dehnung beteiligte Muskulatur exakt anzugeben, ist die Abgrenzung von Agonist und Antagonist entscheidend, wobei jedoch diese Begrifflichkeiten in der Stretchingliteratur oft unterschiedlich verwendet werden, wodurch häufig Verwirrungen entstehen. Einerseits spricht man vom Agonisten immer dann, wenn ein bestimmter Muskel im Fokus einer Belastung steht. Dies kann sowohl für die Dehnung, als auch für reine Muskelarbeit gelten. Aus dem Blickwinkel einer isolierten Dehnung wäre deshalb der zu dehnende Muskel als Agonist (Spieler) und der oppositionale Muskel als Antagonist (Gegenspieler) zu bezeichnen. Der Untersuchungsansatz zahlreicher aktueller Forschungen beschränkt sich aber nicht nur auf die reine Dehnfähigkeit, sondern untersucht darüber hinaus auch nachfolgende Leistungsparameter, die einer aktiven Beweglichkeit zu Grunde liegen. Aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet, wäre jener Muskel, der die Extremität in eine bestimmte Position befördert, der Agonist, da hier eine aktive Muskelarbeit aufgebracht werden muss, und der Muskel, der dabei gedehnt wird, der Antagonist[iv]. Im weiteren Verlauf wird dementsprechend die zu dehnende Muskulatur als „Antagonist“ und die für die Bewegung verantwortliche Muskulatur als „Agonist“ bezeichnet.

Die aktive Beweglichkeit wird hauptsächlich über die Kraftfähigkeit der Agonisten (nicht zu dehnende Muskulatur) bestimmt. Hier wirken innere muskuläre Kräfte, die eine Extremität in eine bestimmte Position führen (z.B. Halten eines hohen Kicks). Im Falle des hohen Frontkicks bilden der M. Quadrizeps (vordere Oberschenkelmuskulatur), der M. Iliopsoas (Hüftbeuger) und die Rumpfmuskulatur die Agonisten, die das Bein in die Höhe heben. Die ischiocrurale Muskulatur (hintere Oberschenkelmuskulatur) und in Teilen der M. Glutaeus maximus (großer Gesäßmuskel) bilden die Antagonisten, die eine besonders ausgeprägte Dehnfähigkeit aufweisen sollten, um einen möglichst hohen Kick zu erzeugen. Je stärker also der Agonist ist, desto kraftvoller kann dem Dehnwiderstand des Antagonisten entgegengewirkt werden.

Die passive Beweglichkeit wird über äußere Kräfte definiert und stellt die reine Dehnfähigkeit einer bestimmten Muskelgruppe dar. Äußere Kräfte, die den Körper in eine bestimmte Position bringen, können u.A. ein Partner, die Schwerkraft oder das eigene Körpergewicht sein (z.B. Körper im Stand nach unten hängen lassen). Als passive Beweglichkeit wird auch das Heranziehen in eine Dehnposition durch Zuhilfenahme der Arme bezeichnet. In diesem Fall wirken zwar innere Kräfte, jedoch nicht die der Agonisten.

Untersuchte Dehnmethoden:

Bei der Analyse eines Dehnprogramms müssen hinsichtlich der Durchführung zwei verschiedenen Bereiche unterschieden werden: Zum Einen die angewandte Dehnmethode, d.h. die spezielle Art der Ausführung der einzelnen Dehnübungen (statisch, dynamisch, kombinierte Methode), zum Anderen die zeitliche Betrachtung (Kurz-/Langzeitdehnung). Bei der Sichtung der Literatur zum Dehnungstraining fällt auf, dass sowohl in englischsprachigen als auch in deutschsprachigen Veröffentlichungen eine verwirrende Vielzahl von Bezeichnungen und Abkürzungen von Dehnmethoden existiert, wobei auch in der deutschsprachigen Literatur häufig die englischen Begriffe benutzt werden[i].

In der Dissertation werden drei verschiedene Dehnmethoden untersucht und deren Auswirkungen verglichen:

  • Statisches Dehnen in Anlehnung an Anderson (1980) bei welchem eine Dehnposition nahe an der individuellen Schmerzgrenze eingenommen wird, um diese dann bei submaximaler Intensität ohne Bewegung ausschließlich zu halten. Um die Reizdichte zu erhöhen werden pro Übung je 3 Sätze zu je 20-30 Sekunden submaximaler Haltedauer nach der „Development-Methode“[1] empfohlen.
    • Intensität: submaximal
    • Sätze: 3 für jede Übung
    • Dauer: 20-30 Sekunden/Satz
    • Pause: 5-10 Sekunden/Satz
  • Die dynamische Dehnmethode, die nach einer Phase der Diskreditierung eine Renaissance erfährt (vgl. Wydra,1991)[ii]. Zunächst wird eine Dehnposition nahe der Schmerzgrenze eingenommen und dann leicht wippend und federnd in den Schmerz hineingedehnt. Die in dieser Dissertation angewandte Methode orientiert sich am „progressive velocity flexibility program“[iii] von Zachewski (1990), welches ein forciertes Nachpumpen mit steigender Belastung pro Übungssatz empfiehlt.
    • Intensität: submaximal bis forciert-maximal
    • Sätze: 3 für jede Übung
    • Dauer: 10-15 forciert-pumpende Wiederholungen
    • Pause: 5-10 Sekunden/Satz
  • Die CRAC-Methode orientiert sich an Alter (1996) u.A. und stellt eine kombinierte Dehnmethode dar, welche Prozesse der propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation (PNF) in der Muskulatur anregt und eine durchaus komplexe Ausführung verlangt und Konzentration verlangt. Im Fokus dieser Dehnmethode steht nicht nur die Dehnung einer bestimmten Körperpartie, sondern eine gezielte Anspannung und Kräftigung der Haltemuskulatur. Zunächst wird eine leichte Dehnposition eingenommen, daraufhin erfolgt eine maximal isometrische Anspannung des zu dehnenden Zielmuskels (C = Contract), auf welche dann ein kurzer Entspannungsmoment folgt (R = Relax). Anschließend daran wird die entsprechende Position zur Dehnung des Zielmuskels eingenommen, wobei während der Dehnung unterstützend der Gegenspieler kontrahiert wird (AC = Agonist-Contract).
    • Intensität: submaximal-maximal
    • Sätze: 2-3 Sätze pro Übung
    • Dauer: 5-10 Sek. Contract, 2-5 Sek. Relax, 5-10 Sek. Agonist-Contract + nachdehnen
    • Pause: 5-10 Sekunden/Satz

Dementsprechend differenziert konzipiert waren die den Testteilnehmern zugewiesenen Dehnprogramme.

Ferner muss bei einem zielgerichteten Dehnungstraining eine Unterscheidung bezüglich der zeitlichen Betrachtung (vgl. Wiemann (1993) getätigt werden. Die Untersuchungen dieser Arbeit beziehen sich auf ein im besten Fall aus dem normalen Kampfsporttraining ausgegliedertes, spezifisches Dehntraining zur langfristigen Verbesserung der individuellen Beweglichkeit. Demnach wurden also die Auswirkungen der Langzeitdehnung untersucht, von welcher bei regelmäßiger Durchführung ab einer Gesamtdauer von mind. 20 min. pro Dehneinheit über einen Zeitraum von mind. 6 Wochen mit mind. 3 Einheiten pro Woche gesprochen wird.

Darüber hinaus sei an dieser Stelle erwähnt, dass sowohl die Auswirkungen von Kurzzeitdehnungen, z.B. 10-20 minütiges Dehnen im Rahmen eines Aufwärmprogramms direkt vor einem Training oder Wettkampf, als auch die Auswirkungen von sog. Singletreatments, zu verstehen als extrem kurze Einzeldehnungen z.B. in einer Rundenpause während eines Kampfes, für Kampfsportler und Trainer von großem Interesse sind. Weitere Forschungsarbeiten, die eben genau die Untersuchung dieser Auswirkungen zum Thema haben, sind in Planung.

Versuchsaufbau und Methodik:

Der speziell für diese Untersuchung entwickelte Aufbau einer Testbatterie mit kompletter Messwiederholung im Labor für Biomechanik an der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaft der Technischen Universität München deckt das spezielle Anforderungsprofil eines Kampfsportlers in einer Wettkampfsituation ab (vgl. Lehmann, 2000). Der Durchlauf dieser Testbatterie orientiert sich an den Leistungsanforderungen eines Kampfsportlers (Kickboxen, Taekwondo, Karate), der sowohl verschiedenen Belastungen innerhalb einer Wettkampfrunde[2], als auch mehreren Runden oder Kämpfen hintereinander ausgesetzt ist. Aus diesem Grund musste die Testbatterie von jeder Versuchsperson (Vpn) dreimal durchlaufen werden.

Vor dem ersten Testdurchlauf erfolgte ein zehnminütiges, individuelles Aufwärmen, wobei auf Dehnübungen weitgehend verzichtet werden sollte. Im Anschluss daran hatten die Vpn die Möglichkeit, sich durch Üben und Ausprobieren an die Testapparaturen zu gewöhnen. Auf diesem Weg wurde Verfälschungen bezüglich der Messergebnisse entgegengewirkt, die sonst durch Übungs- und Lerneffekte während des ersten Durchlaufs in den darauffolgenden Durchgängen verstärkt eingetreten wären.

Mit jeder Vpn wurden insgesamt zwei Untersuchungen durchgeführt: Der Pre-Test, der zur Feststellung des aktuellen Leistungsstands diente, und nach acht Wochen Dehnintervention der Post-Test, der die Veränderung der Leistungsparameter aufzeigte. Isoliert fand vor dem Durchlauf der Testbatterie die Ermittlung der Maximalkraft des M. Quadrizeps femoris an einer Beinstrecker-Maschine der Firma Schnell statt.

Auf eine Messung der Muskelaktivität während der Tests mittels Elektromyographie wurde verzichtet, da sich diese Methode besonders bei Messwiederholungsdesigns als störanfällig erwies. Demzufolge wurde ausschließlich auf dynamometrische Verfahren zurückgegriffen.

PRETESTGesamtstichprobe FrauenMännerAnthropometrie
N=98N=48N=50Alter [Jahre]  24,9±7,4
V e r t e i l u n gGewicht [kg]  69,6±11,3
ProfiN=23N=10N=13
Fortgeschr.N=57N=28N=29Größe [cm]173,18±9,2
AnfängerN=18N=10N=8

Tab. 1: Darstellung der anthropometrischen Daten der Versuchspersonen (Vpn) und deren Einteilung in Leistungsgruppen: Profi = Schwarzgurt, wettkampforientierter Kampfsportler; Fortgeschrittener = Blaugurt-Braungurt, leistungsorientierter Kampfsportler; Anfänger = Weißgurt-Grüngurt, Freizeitsportler.

An den Untersuchungen nahmen insgesamt 98 Vpn (Tab. 1) aus diversen Kampfsportarten (Abb. 2) mit unterschiedlichem Leistungsniveau teil. Direkt im Anschluss an den Pre-Test fand die Zuweisung der Dehnmethode durch ein randomisiertes Losverfahren statt und das jeweilige Dehnprogramm wurde nach genauer Erläuterung einmal exemplarisch mit der Vpn durchgeführt. Um eine ordnungsgemäße Ausführung der Dehnübungen zu gewährleisten, wurde jeder Vpn das entsprechende Dehnprogramm inklusive graphischer Darstellung und Erklärung ausgehändigt. Die Dokumentationstabelle auf der Rückseite des Bogens diente der Vpn zur genauen Auflistung der durchgeführten Dehneinheiten inkl. Dehndauer und bot darüber hinaus die Möglichkeit in einer eigenen Spalte Besonderheiten bzw. Beschwerden, die beim Dehnen aufgetreten sein könnten, festzuhalten. Der Vpn wurde nahegelegt, mindestens drei- und maximal fünfmal pro Woche zu dehnen, um entsprechende Effekte zu erreichen.

Abb. 2: Gesamtverteilung der Vpn aus unterschiedlichen Kampfsportarten. 28% Kickboxen (Semi-, Leicht- und Vollkontakt), 9% Taekwondo (trad. Und olympisches Taekwondo), 17% Karate (Shotokan, Kun-Tai-Ko, Freestyle), 6% Muay Thai und MMA, 40% Sonstige (Fitnesskampfsport, Tae Bo, Kickbox-Aerobic, Fitnessboxing, Kung Fu, Self Defence)

Ergebnisse:

Die erste Auswertung der Testdaten lässt darauf schließen, dass jede Dehnmethode die statisch-passive Beweglichkeit verbessert (Abb. 3). Bei der statischen Gruppe konnte man eine Verbesserung um 5,57% im Mittelwert von 147 cm auf 155 cm innerhalb der 8 Wochen Dehnintervention feststellen. Die durchschnittliche Versuchsperson konnte sich um 8 cm verbessern. Bei der dynamischen Gruppe ist eine Verbesserung um 4,19% und damit eine durchschnittliche Steigerung um 6 cm zu erkennen. Die CRAC-Gruppe erfuhr die größte Steigerung von 9 cm im Mittelwert. Dies stellt eine Verbesserung um 6,59% dar. Bei der Kontrollgruppe, die in den 8 Wochen keiner Dehnintervention zugeteilt war, veränderten sich die Werte im Durchschnitt nicht.

Abb. 3: Auswirkung verschiedener Dehnmethoden auf die statisch-passive Beweglichkeit. Mittelwerte des Vortests mit VT und die des Nachtests mit NT gekennzeichnet.

Abb. 4: Die Veränderung der statisch-passiven Beweglichkeit innerhalb 8 Wochen durch verschiedene Dehnmethoden in Prozentangaben.

Auch bei der dynamisch-aktiven Beweglichkeit konnte sich bis auf die Kontrollgruppe jede Dehngruppe verbessern (Abb. 5). Die statische Gruppe erfuhr eine Steigerung innerhalb 8 Wochen um 3,59% von 114 cm auf 118 cm (+4 cm) im Mittelwert. Bei der dynamischen Gruppe ist eine Verbesserung um 2,35% und damit eine durchschnittliche Steigerung von 115 cm auf 118 cm (+3 cm) festzustellen. Die CRAC-Gruppe erfuhr auch hier wieder die größte Steigerung von 104 cm auf 110 cm (+6 cm) im Mittelwert, was eine Verbesserung um 6,85% darstellt. Die Kontrollgruppe steigerte sich um 0,61%, was jedoch keine signifikante Steigerung bedeutet.

Abb. 6: Auswirkung verschiedener Dehnmethoden auf dynamisch-aktive Beweglichkeit. Mittelwerte des Vortests mit VT und die des Nachtests mit NT gekennzeichnet.

Abb. 7: Die Veränderung der dynamisch-aktiven Beweglichkeit innerhalb 8 Wochen durch verschiedene Dehnmethoden in Prozentangaben.

Fazit

Die erste Interpretation der Ergebnisse lässt darauf schließen, dass jede Dehnmethode zur Verbesserung der Dehnfähigkeit beiträgt. Die statischen Dehnmethoden, sowie die dynamischen Methoden können bei Langzeittreatments offensichtlich als gleichwertig angesehen werden. Die CRAC-Methode scheint auf den ersten Blick signifikante Vorteile bezüglich der Verbesserung der reinen Dehnfähigkeit zu haben. Um die Ergebnisse jedoch quantifizieren zu können, muss im nächsten Schritt eine statistische Auswertung alle Daten erfolgen, die Störgrößen isoliert und Ausreißer gesondert betrachtet. An dieser Stelle kann noch keine qualitative Aussage über die effizientere Dehnmethode für Kampfsportler gemacht werden. Es sind lediglich erste Tendenzen ersichtlich. Um eine objektive Gesamtaussage treffen zu können, müssen die Daten bezüglich der Auswirkungen auf die Maximalkraft, Trittenergie, Schnelligkeit und Schnelligkeitsausdauer statistisch untersucht werden und in die bereits vorliegende Untersuchung einfließen. Mehr dazu in der nächsten WoK-Ausgabe.


[1] Development Stretch ist eine nachdehnende, immer tiefer in den Schmerz eindringende Stretching-Methode

[2] Wettkampfzeit im int. Kickboxen nach WAKO-Reglement 3×2 Minuten
(Quelle: http://www.wako-deutschland.de/Kickboxen-Disziplinen, 10.08.2012, 12:16 Uhr)


[i] Klee, A. :Methoden und Wirkungen des Dehnungstrainings. Die Ruhespannungs-Dehnungskurve – ihre Erhebung beim M. rectus femoris und ihre Veränderung im Rahmen kurzfristiger Treatments. Habilitationsschrift. Verlag K. Hofmann, Schorndorf, 2003

[ii] Wydra, G. (1994). Experimentelle Untersuchungen zur Effektivität verschiedener Dehntechniken. In Hoster, M. (Hrsg.), (S. 40-71)

[iii] Zachazewski, 1990.: zit. bei Alter, J.M.: Science of Flexibility, Human Kinetics, 1996, S. 175


[1] Von Langzeitwirkungen spricht man bei Effekten, die über Wochen und Monate zu beobachten sind. In den meisten Untersuchungen wird ein Interventionszeitraum von 6 – 12 Wochen untersucht. (Vgl. Wydra, Glück, Roemer, 1999a)


[i] Anderson, B.: Stretching. Waldeck, Hübner, 1980

[ii] Gärtner, D.: Akzeptanz und Verbreitung verschiedener Dehnmethoden im Kampfsport. Unveröffentlichte Studie, München, 2011

[iii] Schneider, S., et.al.: Dehnst Du noch oder grübelst Du schon? – Aktuelle Daten zur Akzeptanz und Verbreitung von Stretching im Leistungssport. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 62, Nr. 3, 2011

[iv] Glück, S.: Beeinflussung der Beweglichkeit durch unterschiedliche physische und psychische Einwirkungen. Dissertation Saarbrücken, 2005